Knappschaft-Bahn-See | Stellungnahme der KBS zum MDK-Reformgesetz | Knappschaft-Bahn-See

Stel­lung­nah­me der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung Knapp­schaft-​Bahn-​See zum MDK-​Re­form­ge­setz

I. Vor­be­mer­kung

Mit dem Gesetz für bessere und unabhängige Prüfungen – MDK-Reformgesetz – legt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf vor, der u.a. vorsieht, dass künftig die Aufgaben des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) für die knappschaftliche Kranken- und Pflegeversicherung sowie das damit befasste Personal auf die Medizinischen Dienste übergehen. Die Medizinischen Dienste sollen in die Rechte und Pflichten des Sozialmedizinischen Dienstes aus den Dienst-, Versorgungs- und Arbeitsverhältnissen mit den Personen eintreten, die bei einer Dienst- oder Außenstelle des Sozialmedizinischen Dienstes im Bezirk des jeweiligen Medizinischen Dienstes beschäftigt sind und dort Aufgaben des Medizinischen Dienstes wahrnehmen. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) lehnt dies ab.

II. Stel­lung­nah­me zum Ge­set­ze­s­ent­wurf

Im Folgenden nimmt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zum Referentenentwurf Stellung:

Übergang von Aufgaben und Personal des Sozialmedizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auf die Medizinischen Dienste

Der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See soll in das neue System der Medizinischen Dienste integriert werden, in dem seine Aufgaben für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung auf die Medizinischen Dienste übergehen. Dies wird damit begründet, dass der SMD als institutioneller Teil der DRV KBS - historisch bedingt - für die DRV KBS die Aufgaben des MDK wahrnehme, so dass es dem SMD bereits an der formellen Unabhängigkeit von der Krankenkasse fehle.

Die geplante Neuregelung ist aus Sicht der DRV KBS nicht hinnehmbar, da insbesondere die Annahme, es fehle dem SMD bereits formell an Unabhängigkeit, nicht zutrifft.

Aktuelle rechtliche und organisatorische Situation des SMD

Der Sozialmedizinische Dienst ist ein spezifischer Aufgabenbereich aller Rentenversicherungsträger, so auch des Verbundträgers DRV KBS.

Der Sozialmedizinische Dienst ist innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Knapp-schaft-Bahn-See seit jeher dem Geschäftsbereich Rentenversicherung und Rehabilitation zugeordnet. Damit ist er organisatorisch bewusst von der Kranken- und Pflegeversicherung getrennt. Zurzeit nehmen ca. 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 28 Standorten in der gesamten Bundesrepublik Aufgaben im Bereich der Rentenversicherung und Rehabilitation sowie nach entsprechender Beauftragung für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung wahr (vgl. § 283 SGB V). Vor diesem Hintergrund arbeiten eine Vielzahl der Beschäftigten des SMD auf Mischarbeitsplätzen, d. h. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sowohl für die Rentenversicherung und Rehabilitation als auch für die Kranken- und Pflegeversicherung tätig.

Entgegen der Aussage in der Begründung zum Referentenentwurf ist die Unabhängigkeit des SMD bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gewährleistet, da der SMD als eine von der Verwaltung unabhängige medizinisch-fachliche Institution etabliert ist. Die Kranken- und Pflegeversicherung der KNAPPSCHAFT beauftragt den SMD mit Gutachten und Stellungnahmen. Dieses entspricht exakt der Verfahrensweise anderer Krankenkassen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).

Darüber hinaus hat der SMD innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eine eigene Geschäftsordnung, die im Einzelnen vom Bundesversicherungsamt genehmigt und an den gesetzlichen Erfordernissen ausgerichtet ist.

Die Gutachterinnen und Gutachter des SMD erstellen unabhängige, fachlich fundierte und ausschließlich medizinisch oder pflegerisch ausgerichtete Gutachten. Das ärztliche Personal des SMD ist bei der Wahrnehmung seiner sozialmedizinischen Aufgaben ausschließlich seinem ärztlichen Gewissen gemäß § 275 Abs. 5 Satz 1 SGB V unterworfen. Insofern ist ihr Handeln frei von jedweden Vorgaben der DRV KBS und der KNAPPSCHAFT.

Personalüberleitung kraft MDK-Reformgesetz

Die Neuregelung im Referentenentwurf in Bezug auf den SMD der DRV KBS hätte gravierende personelle Auswirkungen.

Personelle Auswirkungen auf den SMD

Mit dem MDK-Reformgesetz sollen die Beschäftigten des SMD, die aktuell im SMD die „Aufgaben des Medizinischen Dienstes wahrnehmen“ auf die Medizinischen Dienste übergeleitet werden, wobei die Medizinischen Dienste in die jeweiligen Dienst-, Versorgungs- und Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten eintreten sollen. Diese vorgesehene Personalüberleitung trifft auf erhebliche rechtliche Bedenken der DRV KBS. Eine Vielzahl der Beschäftigten ist auf Mischarbeitsplätzen tätig, so dass eine Personalüberleitung kraft Gesetzes nicht möglich sein dürfte. Es fehlt insbesondere an dem für eine Überleitung erforderlichen fest bestimmbaren Personenkreis.

Die im Referentenentwurf geregelte Personalüberleitung begegnet auch insofern erhebli-chen rechtlichen Bedenken, als sich neben den Arbeitsorten auch die Arbeitsinhalte für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich verändern werden. Zurzeit decken die Ärztinnen und Ärzte des SMD im Rahmen ihrer Gutachtertätigkeit fast das gesamte Spektrum der Sozialversicherung ab. Es besteht die Gefahr, dass sie - zumindest für den Bereich der Rentenversicherung und Rehabilitation - ihre Qualifikation als Gutachterinnen und Gutachter verlieren. Dies hätte zur Folge, dass sich für diese Beschäftigen die Arbeitsbedin-gungen in einem wesentlichen Umfang verändern.

Zwar kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner gesetzgeberischen Zuständigkeiten Aufgaben verlagern und in diesem Zusammenhang bestimmen, dass das Personal, das bislang diese Aufgaben erledigt hat, auf einen anderen Träger übergeleitet wird. Die gesetzgeberische Regelungsbefugnis dürfte aber dort an ihre Grenzen stoßen, wo die Personalüberleitung zur Folge hat, dass sich wesentliche Arbeitsbedingungen ändern.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes tangiert eine einseitig durch den Gesetzgeber angeordnete Personalüberleitung die Berufsfreiheit der Beschäftigen aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und ist daher unter dem Blickwickel der Berufsfreiheit nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Insbesondere dürfte das Gebot der Verhältnismäßigkeit nur dort gewahrt sein, wo sich die Arbeitsbedingungen nicht im Wesentlichen än-dern (BAG, Entscheidung vom 02.03.2006 - Az. 8 AZR 124/05 -).

In Bezug auf die betroffenen Beamtinnen und Beamten ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für Fälle der Personalüberleitung zu beachten. Danach ist eine ein-seitig durch den Gesetzgeber angeordnete Personalüberleitung nur dann rechtlich zulässig, wenn die Rechtsstellung der übergeleiteten Beamtinnen und Beamten größtmöglich gewahrt wird (BVerwG, Entscheidung vom 26.02.2015 - Az. 2 C 1/14 -). In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Referentenentwurf nur pauschal regelt, dass die Medizinischen Dienste in die Rechte und Pflichten aus den Dienst-, Versorgungs- und Arbeits-verhältnissen eintreten. Sowohl für die Tarifbeschäftigten als auch für die verbeamteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SMD hätte dies gravierende Folgen. Die dann geltenden landesrechtlichen Regelungen weichen sowohl im Tarifrecht als auch im Beamtenrecht häufig deutlich von den Bundesregelungen ab und zwar in der Regel zum Nachteil der Betroffenen, so dass sich auch dadurch wesentliche Arbeitsbedingungen verändern würden.

Viele Beschäftigte, insbesondere Ärztinnen und Ärzte, werden nicht bereit sein, ihre Beschäftigungsverhältnisse überleiten zu lassen. Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich nach Bekanntwerden der Regelungen im Referentenentwurf bereits gegenüber der Geschäftsführung entsprechend geäußert. Daher ist mit einer Vielzahl arbeitsgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Streitverfahren zu rechnen, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken werden und zur Folge haben, dass die vom MDK-Reformgesetz vorgesehene Personalüberleitung so nicht stattfinden kann.

Insofern ist die im Referentenentwurf enthaltene Zeitschiene zur Umsetzung möglicher Personalüberleitungen nicht haltbar.

Organisatorische Auswirkungen

Der überwiegende Teil der Aufgabenerledigungen - ca. 70 Prozent - entfallen im SMD auf die Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Übertragung dieser Aufgaben auf die Medizinischen Dienste hätte massive Auswirkungen auf das bundesweite Dienststellennetz des SMD. Es ist zu erwarten, dass an mehreren Standorten die Mindestbetriebsgrößen unterschritten werden und dass Standorte geschlossen werden müssten. Bei Unterschreiten der Mindestgrößen von Dienststellen muss davon ausgegangen werden, dass diese Betriebsteile wirtschaftlich und organisatorisch nicht mehr effizient arbeiten können.

Es gibt aufgrund des ausgedehnten Dienststellennetzes des SMD kaum Möglichkeiten, die in den „Kleinst-Dienststellen“ des SMD verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich über Lastausgleichsprozesse zu beschäftigen. Aus heutiger Sicht sind daraufhin Änderungskündigungen bestehender Arbeitsverträge notwendig, um

a) Arbeitszeit betriebsbedingt von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung zu reduzieren

oder

b) andere Arbeitseinsatzorte aufgrund von Dienststellenschließungen festzulegen.

Zudem wäre eine ortsnahe sozialmedizinische Betreuung und Begutachtung der Versicherten im Bereich der Rentenversicherung und Rehabilitation nicht mehr gewährleistet. Darüber hinaus ist eine ganzheitliche Begutachtung im Bereich der Kranken- und Rentenversicherung im Sinne des SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen -, die durch das BMAS als zukunftsweisend eingestuft wird, dann definitiv nicht mehr möglich.

Haushaltsrechtliche Auswirkungen

Die Dienststellen des SMD sind in der Regel in bestehenden Verwaltungsgebäuden der DRV KBS untergebracht. Durch die gemeinsam genutzten Dienstgebäude können die erforderlichen Verwaltungskosten für eine organisatorische Infrastruktur auf einem niedrigen Niveau gehalten werden. Bei einer personellen und organisatorischen Aufteilung des SMD ist mit erheblichen negativen, finanziellen Effekten bei der DRV KBS zu rechnen.

III. Än­de­rungs­be­darf zu ein­zel­nen Vor­schrif­ten

Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches) Nr. 16

§ 328 SGB V Errichtung der Medizinischen Dienste und des Medizinisches Dienstes Bund

A) Beabsichtigte Neuregelung

Mit der Regelung in § 328 Abs. 6 SGB V beabsichtigt der Gesetzgeber die Aufgaben des Sozialmedizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See für die gesetzliche Krankenversicherung und gesetzliche Pflegeversicherung auf die Medizinischen Dienste zu übertragen, wobei die Medizinischen Dienste in die Rechte und Pflichten der Sozialmedizinischen Dienste aus Dienst-, Versorgungs- und Arbeitsverhältnissen der Personen eintreten sollen, die Aufgaben des Medizinischen Dienstes beim SMD wahrnehmen.

B) Stellungnahme

Die Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See lehnt diese Regelung ab.

Wie unter II. dargelegt, verfängt die dargebrachte rein formale Argumentation nicht. Die Neuregelung führt zu erheblichen personellen, personalrechtlichen, organisatorischen und haushaltsrechtlichen Auswirkungen beim Träger der DRV Knappschaft-Bahn-See. Die Neuregelung greift massiv in die Organisationshoheit des Trägers ein und gefährdet insbesondere im Bereich der Rentenversicherung und Rehabilitation die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung.

C) Änderungsvorschlag

Die Regelung des § 328 Abs. 6 SGB V wird gestrichen.